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Übergewicht und Adipositas in Deutschland – Lebensbedingungen müssen gesünder werden

Die Ergebnisse der Autor*innen Prof. Dr. Christina Holzapfel, Hochschule Fulda, und Prof. Dr. Hans Hauner, Technische Universität München, zeigen besorgniserregende Trends und machen deutlich, dass dringend umfassende Präventionsmaßnahmen erforderlich sind.

„Unsere Auswertung bestätigt, dass Übergewicht und Adipositas in Deutschland weit verbreitet sind und mit ihren gesundheitlichen, sozialen und ökonomischen Folgen ein massives gesellschaftliches Problem darstellen“, sagt Holzapfel. „Übergewichtsprävention ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und bedarf eines Portfolios an Maßnahmen.“ Berechnungen auf Basis von Krankenkassendaten zeigen, dass starkes Übergewicht in Deutschland direkte und indirekte Kosten in Höhe von über 63 Milliarden Euro verursacht – mehr als das Rauchen.

Übergewicht betrifft alle Altersgruppen Übergewicht entsteht vor allem durch eine langfristig zu hohe Energieaufnahme und ist definiert als Body Mass Index (BMI) von ≥ 25 kg/m² (Verhältnis des Körpergewichts in Kilogramm zum Quadrat der Körpergröße in Metern). Laut Mikrozensus 2021 sind unter den 18- bis 65-Jährigen 61 % der Männer und 38 % der Frauen übergewichtig. Dabei kommt Übergewicht mit steigendem Alter immer häufiger vor. Am höchsten ist der Anteil der Menschen mit Übergewicht bei den 60- bis 64-Jährigen mit 72 % der Männer und 51 % der Frauen. Während die Häufigkeit von Übergewicht bei älteren Erwachsenen im Verlauf der letzten 20 Jahre auf hohem Niveau stagniert oder rückläufig ist, nimmt sie bei jüngeren Menschen (44 Jahre oder jünger) zu.

Zudem sind immer mehr Menschen von Adipositas, also starkem Übergewicht mit einem BMI von mindestens 30 kg/m², betroffen: Im Jahr 2021 sind 18 % der Männer und 13 % der Frauen adipös, während es 1999 noch 12 % der Männer und 10 % der Frauen waren.

Im Einklang mit den Daten des Mikrozensus zeigt auch die Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA 2019/2020-EHIS), dass Männer häufiger als Frauen und Ältere häufiger als Jüngere übergewichtig sind. Da es sich sowohl beim Mikrozensus als auch bei GEDA um Befragungen handelt, könnte die tatsächliche Häufigkeit von Übergewicht noch höher liegen, da Teilnehmende ihr Körpergewicht häufig unterschätzen und ihre Körpergröße überschätzen. Gemessene Werte liegen aus der der Nationalen Kohorte (NAKO) vor. Erste Auswertungen der in den Jahren 2014–2018 erhobenen Daten zeigen, dass unter den 40- bis 59-Jährigen 69 % der Männer und 49 % der Frauen übergewichtig und 23 % der Männer sowie 20 % der Frauen adipös sind.

Bis ins hohe Alter stellen Übergewicht bzw. Adipositas ein erhebliches Gesundheitsproblem dar. Zunehmend sind pflegebedürftige ältere Menschen von Adipositas betroffen, was eine erhöhte Belastung für Pflegende sowie das Gesundheitssystem bedeutet.

Sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern geht ein niedriger sozioökonomischer Status mit einem erhöhten Risiko für Übergewicht einher. Bei Kindern und Jugendlichen sind zudem diejenigen mit Migrationshintergrund häufiger übergewichtig als andere.

COVID-19 verschärfte die Übergewichtsproblematik Die Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie haben die Gewichtszunahme der Menschen verstärkt. Laut einer repräsentativen Onlinebefragung nahmen 40 % der befragten Erwachsenen im ersten Jahr der Pandemie zu, im Durchschnitt 5,5 kg – jene mit einem BMI ab 30 kg/m² sogar 7,2 kg. Auch bei Kindern und Jugendlichen verstärkte die Pandemie die Zunahme von Übergewicht, insbesondere in sozioökonomisch benachteiligten Familien.

Übergewicht in der Schwangerschaft gefährdet Mutter und Kind Immer mehr Schwangere sind übergewichtig. Das zeigen die jährlichen „Bundesauswertungen Geburtshilfe“. Im Jahr 2022 hatte fast jede zweite Schwangere bei der Erstuntersuchung Übergewicht, was das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes und Komplikationen erhöht. Eine andere Studie zeigt, dass 45 % der werdenden Mütter während der Schwangerschaft zu viel an Gewicht zulegen. Wird das Kind bereits im Mutterleib mit Energie überversorgt, kann das seine Entwicklung und auch seine Gesundheit als Erwachsener beeinträchtigen. Schätzungen zufolge ist etwa jeder 10. Todesfall bei Neugeborenen auf Übergewicht der Mutter zurückzuführen.

Dringender Handlungsbedarf in Prävention und Forschung „Die für Deutschland vorliegenden Daten zeigen sehr deutlich, dass die Mehrheit der Erwachsenen Schwierigkeiten hat, das Körpergewicht im Normbereich zu halten“, sagt Hauner. „Dennoch fehlt es hierzulande an wirksamen Präventionsmaßnahmen und an regelmäßig erhobenen belastbaren Daten. Ebenso fehlt es an interdisziplinärer Forschung, die uns hilft, die Ursachen von Übergewicht besser zu verstehen und evidenzbasierte Präventionsstrategien zu entwickeln.“ Um die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen zu minimieren, müssen Prävention und Forschung deutlich verstärkt werden.

Die Hauptursache für Übergewicht – eine zu hohe Energiezufuhr – wird durch unsere sogenannte adipogene Lebenswelt begünstigt, die vielen Menschen eine gesunde Ernährung und körperliche Bewegung erschwert. Daher sollte zum einen das Verpflegungsangebot im Umfeld der Menschen, wie etwa der Wohnumgebung und der Gemeinschaftsverpflegung, verbessert werden. Auch finanzielle Anreize wie zusätzliche Steuern auf ungesunde Lebensmittel, insbesondere zuckergesüßte Getränke, können die Häufigkeit von Übergewicht verringern. Zum anderen sollte körperliche Bewegung gefördert werden, was auch die Verkehrsplanung und die Gestaltung öffentlicher Räume betrifft.

Barmer-Analyse zur aktuellen Grippewelle

Bei der Häufigkeit von Krankschreibungen wegen Grippe gibt es massive regionale Unterschiede. Das geht aus aktuellen Daten des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) hervor. Demnach waren in Kalenderwoche fünf dieses Jahres (27. Januar bis 2. Februar) in Rheinland-Pfalz 223 und Sachsen-Anhalt 222 Erkrankte je 100.000 Barmer-Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld wegen Influenza, auch Grippe genannt, krankgeschrieben. Die niedrigsten Raten verzeichneten Hamburg und Bremen mit 115 beziehungsweise 123 Erkrankten je 100.000 Anspruchsberechtigte.

Krankschreibungen wegen Grippe bei Frauen häufiger als bei Männern Wie aus den Barmer-Daten weiter hervorgeht, gibt es bei den Grippe-bedingten Krankschreibungen Differenzen zwischen den Geschlechtern und den Altersgruppen. In Kalenderwoche fünf waren bundesweit 197 Frauen und 161 Männer je 100.000 Barmer-Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld arbeitsunfähig. Die geringsten Raten an Krankschreibungen gab es in der Altersgruppe der über 65-Jährigen mit 74 Betroffenen je 100.000 Anspruchsberechtigten. Am häufigsten waren nach den jungen Berufstätigen unter 20 Jahren mit 257 Krankschreibungen je 100.000 Anspruchsberechtigten die 30- bis 39-Jährigen mit 209 Erkrankten betroffen. Gefolgt wurden diese von der Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen mit 201 Krankschreibungen je 100.000 Barmer-Versicherte.

Rate an Krankschreibungen wegen Grippe seit Dezember gestiegen Den Barmer-Zahlen zufolge ist die Rate der Krankschreibungen im Zusammenhang mit Grippe seit Mitte Dezember 2024 auch bundesweit deutlich gestiegen. So waren in Kalenderwoche 51 des Vorjahres (16. bis 22. Dezember) 39 je 100.000 Barmer-Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld aufgrund einer solchen Erkrankung arbeitsunfähig. In der Kalenderwoche fünf des Jahres 2025 waren es bereits 180 je 100.000 Versicherte.

Aktuelle Daten zur Entwicklung des Krankenstandes in Folge von Grippe unter: Raten der AU-Diagnosen akuter Atemwegserkrankungen bei Barmer-Versicherten

17.03.2025 DGA | Quelle: Barmer

Aktuelle Umfrage: Rund 15 Millionen Krankenversicherte kennen die Elektronische Patientenakte nicht

Mit dem Start der elektronischen Patientenakte (ePA) am 15. Januar 2025 hat das deutsche Gesundheitssystem einen bedeutenden Digitalisierungsschritt vollzogen. Doch eine aktuelle Umfrage von Pharma Deutschland offenbart eine auffällige Wissenslücke: Rund 15 Millionen Versicherte sind über die neue Gesundheitsakte noch nicht informiert.

Eine repräsentative Civey-Umfrage im Auftrag von Pharma Deutschland zeigt: 76 Prozent der Versicherten ab 18 Jahren kennen die elektronische Patientenakte. Bei 63 Millionen erwachsenen gesetzlich Versicherten in Deutschland bedeutet das im Umkehrschluss, dass rund 15 Millionen Menschen die ePA nicht kennen.

Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin von Pharma Deutschland, sieht dringenden Handlungsbedarf. "Als Meilenstein der Digitalisierung der Gesundheitsversorgung bietet die elektronische Patientenakte enorme Chancen. Unsere Umfrage zeigt, dass es einen Monat nach dem Start der ePA noch erheblichen Informationsbedarf bei den Versicherten gibt", erklärt sie. "Wichtig ist jetzt, dass alle Versicherten umfassend informiert werden und den Mehrwert erkennen, der für sie persönlich und das Gesundheitssystem insgesamt mit der Einführung der ePA verbunden ist."

Angesichts der großen Zahl von gesetzlich Versicherten, die die ePA noch nicht kennen, hält Pharma Deutschland eine differenzierte, bundesweite Informationskampagne für notwendig. Ziel sollte es sein, Versicherte über die Vorteile der elektronischen Patientenakte aufzuklären und die persönlichen Vorteile zu betonen: Vermeidung von Doppeluntersuchungen, Entlastung von Arztpraxen und mehr Transparenz für Patientinnen und Patienten. Die Kampagne sollte gezielt auf die Bedürfnisse der jeweiligen Regionen eingehen und die Vorteile der ePA verständlich vermitteln. Nur so kann die elektronische Patientenakte ihr volles Potenzial entfalten und einen echten Mehrwert für Patientinnen, Patienten und Gesundheitssystem schaffen.

Ein Blick auf die Bekanntheit der ePA in den einzelnen Bundesländern zeigt Unterschiede. So erreichen die Stadtstaaten Bremen mit 79 Prozent und Hamburg mit 80 Prozent Werte, die über dem bundesweiten Schnitt liegen. Dagegen zeigen ländlichere Regionen wie Brandenburg (73 Prozent) und Baden-Württemberg (74 Prozent) geringere Informationsstände, was den Bedarf in weniger dicht besiedelten Gebieten unterstreicht.

Paracetamol-Challenge: Social-Media-Trend kann Leber irreparabel schädigen und tödlich enden

Aktuelle Entwicklungen in sozialen Medien rufen erneut Besorgnis bei medizinischen Fachkräften und in den Apotheken hervor. Ein besorgniserregender Trend, die sogenannte "Paracetamol-Challenge", motiviert insbesondere junge Menschen dazu, eine exzessive Menge des Schmerzmittels Paracetamol einzunehmen, um innerhalb der Community Anerkennung zu gewinnen. Diese Praxis birgt erhebliche gesundheitliche Risiken, die potenziell irreparable Leberschäden verursachen und tödlich enden können.

"Dass diese Mutprobe bestenfalls im Krankenhaus, schlimmstenfalls auf dem Friedhof enden kann, ist vielen Menschen offenbar nicht bewusst", kritisiert Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, den Hype. "Die unkontrollierte und hochdosierte Einnahme von Paracetamol führt zu akuten Leberschädigungen, die im schlimmsten Fall zu Organversagen und zum Tod führen können. Bereits in der Vergangenheit sind Menschen an den Folgen einer Paracetamol-Intoxikation verstorben. Daher ist es dringend erforderlich, dass Eltern, Großeltern und Lehrkräfte mit Jugendlichen über diese potenziell lebensbedrohlichen Konsequenzen sprechen."

Die Verbreitung gesundheitsgefährdender Aktionen auf Social-Media-Plattformen wie TikTok ist ein zunehmendes Problem. Das wurde auch auf der Sitzung des Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit der Apothekerkammer Nordrhein in der vergangenen Woche erörtert. "Solche Inhalte sollten unverzüglich gelöscht werden. Algorithmen müssen derart programmiert sein, dass lebensgefährliche Herausforderungen gar nicht erst viral gehen. Leider ist dies derzeit nicht der Fall", kommentiert AKNR-Vizepräsidentin Kathrin Luboldt, die die Diskussion im Gremium der Selbstverwaltung moderiert hat.

Neben einer verstärkten Medienkompetenz bedarf es aus Sicht der Apothekerinnen und Apotheker auch einer verbesserten Gesundheitskompetenz. "Arzneimittel sind hochwirksame Substanzen, die einer sorgfältigen Anwendung und fachlichen Beratung bedürfen. Apothekerinnen und Apotheker spielen dabei eine essenzielle Rolle in der Aufklärung", betonen Luboldt und Dr. Hoffmann. "Diese Fehlentwicklung zeigt klar und deutlich, dass nicht nur rezeptpflichtige Arzneimittel - falsch angewendet - lebensgefährlich sein können. Vielmehr sind auch diese sogenannten OTC-Medikamente, die also ohne Verschreibung freiverkäuflich sind, eine besondere Ware. Vor Gerichten argumentieren wir immer wieder in genau diese Richtung. Letztlich muss klar sein, dass Arzneimittel in die Apotheke vor Ort gehören, denn nur dort ist die dringend nötige Patientensicherheit gewährleistet."